Ein Vater blickt zurück auf zwei Jahre Corona-Diktat

Schulen als Hotspots der Repression

19.03.2022 von Ulrich Becker

Es sind ziemlich genau zwei Jahre vergangen seit dem Tag, an dem zum ersten Mal das gesamte Land heruntergefahren, Versammlungen verboten, Geschäfte geschlossen, Kirchentüren verriegelt und der Schulbetrieb eingestellt wurde. „Nach den Osterferien wird alles wieder normal“, mit Entsetzen und Ungläubigkeit mussten viele Menschen, auch Schüler, Schülerinnen und Eltern, feststellen, dass vorerst nichts mehr normal werden würde. Im Gegenteil: Am 27. April 2020 treten Maskenpflicht und Abstandsgebote in weiten Teilen des öffentlichen Lebens in Kraft. Anfangs schienen vor allem die Masken für Kinder und Jugendliche – wie in vielen anderen Ländern Europas – nicht relevant zu sein. „Die werden das nicht an Schulen vorschreiben, nicht bei Kindern“, so mein Gedanke. Doch weit gefehlt. Kurz nachdem unsere Schule wieder geöffnet hatte, kam ein Rundschreiben der Rektorin, in dem es hieß, dass Masken auf den Gängen jetzt Pflicht seien. Mir war es damals wichtig die Schulleitung darauf hinzuweisen, dass der Schulträger das Tragen von Masken nicht vorschreibt und dass es damit eben keine Pflicht ist.

Mit sozialem Druck wird Freiwilligkeit zum Zwang

Doch tatsächlich wollten die Kinder schon am zweiten Tag von sich aus Mund und Nase bedecken – nur um nicht aufzufallen. Ich forderte die Rektorin auf, die Lehrkräfte zu sensibilisieren und allen Schülern zu kommunizieren: Das Tragen von Masken ist keine Pflicht, es ist freiwillig. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn Schüler, die keine tragen wollen, das auch nicht tun. Es gibt kein Muss. Ich sagte ihr auch, dass auf diese Weise sozialer Druck vermieden werden könne. Die Antwort der Rektorin: „Sie müssen sich selbst überlegen, ob Sie ihre Kinder dieser Situation aussetzen wollen.“ Ob die Lehrer sensibilisiert wurden und alle Kinder darauf hingewiesen wurden? Ich weiß es bis heute nicht. Eine Korrektur des Elternrundbriefes gab es jedenfalls nicht.

Nicht nur Viren machen krank – Panik und Distanz schwächen die Seele

Ende 2020 erkrankte die zitierte Rektorin an Corona, wie mir später erzählt wurde. Es hieß, sie habe einen schweren Verlauf erlitten. War das Virus die Ursache für die Ernsthaftigkeit der Erkrankung? War es die Behandlung im Krankenhaus? Wir wissen, wie schwer viele Menschen durch zu frühes Beatmen irreparabel geschädigt wurden oder sogar zu Tode kamen. Diese Menschen sind als Corona-Tote in die Statistik eingegangen, obwohl sie oft nicht an den Auswirkungen des Virus, sondern an den Folgen der Behandlung gestorben sind. Hatte ihr schwerer Verlauf seine Ursachen in Angst und Panik, die bis heute pausenlos verbreiten werden, und die durch ihre tiefgreifenden Auswirkungen auf die seelische Gesundheit nachweislich Verläufe erschweren können? War sie erschöpft, weil sie als Grundschuldirektorin stets Dinge durchsetzen musste, die ein tiefes Zerwürfnis von Vernunft und Intuition hervorgerufen haben? Was passiert, wenn der Verstand sagt: Du musst jetzt Durchsetzungsfähigkeit zeigen, wir müssen zusammenhalten; aber die Seele fühlt: Warte mal, hier stimmt was nicht. Vielleicht war es auch die Ohnmacht, mit ansehen zu müssen, wie eine Gesellschaft kippt. Möglicher Weise war es eine Mischung aus allem. Vieles wissen wir ganz einfach nicht in dieser komplexen und denkwürdigen Zeit. Und dennoch, obwohl so viele Fragen offen sind, wurde ihr Fall für die Schule zum ausschlaggebenden Argument, strenge Maßnahmen durchzusetzen.

Angst ist eine starke Triebkraft für vorauseilenden Gehorsam

Im Winter 2020/2021, während des Lockdowns, waren meine Kinder in der Notbetreuung. Es gab erneut ein Rundschreiben an alle Eltern, in dem es hieß, dass die Kinder jetzt nicht nur in den Gängen und Pausenbereichen, sondern darüber hinaus im Klassenzimmer Masken aufziehen müssten. Auch diese drastische Maßnahme war hausgemacht, einfach selbst entschieden, erneut ohne Anordnung von oben. Was wir daran sehen können? Angst führt immer wieder aufs Neue zu vorauseilendem Gehorsam. Ich widersprach auch dieses Mal der Anweisung der Schulleitung und betonte, dass diese Maßnahme nicht nötig sei. Im E-Mail-Verteiler der Eltern wurde das Thema aufgegriffen, viele bejubelten die Impfung, die jetzt käme und wie toll sie doch sei. Ich schrieb eine längere Antwort-Mail, ebenfalls an die gesamte Runde; völlig ohne Corona-Bezug. Danach war Ruhe. Wer einen Blick in mein Schreiben werfen möchte, der kann es hier tun.

Einschüchterungen und Autorität – sieht so der neue Rechtsstaat aus?

Frühjahr 2021. Nun herrscht per Verordnung Maskenpflicht im Unterricht. Eine Handhabe, nach der Kinder ohne Masken vom Unterricht ausgeschlossen werden können, gibt es allerdings nicht. Wir schickten unsere Kinder weiterhin ohne Maske in die Schule. Sie wurden bei geöffneter Tür in den Gang oder in den Nebenraum gesetzt. Allein. Ärzte waren zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr für Maskenatteste bei Kindern zu haben – Angst, Polizeibesuche und polizeiliche Anfragen schüchterten viele Mediziner ein. Als Eltern fragt man sich in solchen Situationen: „Was tue ich da eigentlich? Egal, wie ich handele, es schadet meinen Kindern.“ Oft ist es die Gelassenheit der Kinder, die uns selbst entspannter sein lässt. Nach einem Schultag, den sie wieder einmal außerhalb des Klassenzimmers verbringen musste, sagte mir eine meiner Töchter lachend: „Die Reli-Lehrerin hat Arbeitsblätter verteilt und mich vor der Tür vergessen.“ Zu diesem Zeitpunkt war die Rektorin krankgeschrieben. Elternbriefe gab es nur noch von einem „Schulleitungsteam“, das seine Namen nicht veröffentlichte. Auf dem Schulhof hatte ich eine Diskussion mit einer der federführenden Lehrerinnen. Ich fragte sie, wo das alles hinführen solle und ob uns das nicht bekannt vorkäme. Sie verbot mir in gleichermaßen autoritärem wie aggressivem Ton, irgendwelche geschichtlichen Anspielungen zu machen. Und: „Wir leben in einem Rechtsstaat.“ Dann ging sie einfach und ließ mich stehen, ohne dass ich antworten konnte. Ich war ohnehin sprachlos.

Historische Bildungslücken sind erschütternd

Recht bald nach diesen Ereignissen bekamen wir einen Brief, in dem wir aufgefordert wurden, den Kindern endlich die Masken aufzusetzen – damit man unsere Kinder keiner „Sonderbehandlung“ unterziehen müsse. Jedem geschichtsbewussten Menschen sollten bei derlei Begrifflichkeiten die Alarmglocken klingeln. „Sonderbehandlung“ war im Dritten Reich der offiziell verwendete Euphemismus für die Verfolgung Andersdenkender, die Ermordung vieler Millionen Juden und die Tötung weiterer unerwünschter Personengruppen. Natürlich, den Lehrerinnen war ihr begrifflicher Fauxpas nicht bewusst – ihnen war überhaupt nicht klar, was sie da schreiben. Der Mangel an Geschichtsbewusstsein, der in solchen Momenten zum Vorschein tritt, ist jedoch erschütternd. Wie weit gefehlt ist da der Gedanke, dass jemand, dem die historische Tragweite des Begriffs „Sonderbehandlung“ nicht bekannt ist, auch sonst große Lücken in seinen Geschichtskenntnissen haben muss? Der Brief wurde ohne Unterschrift, ohne Namen der Verfasserinnen an uns versendet. Wir bekamen eine Anzeige wegen der Ordnungswidrigkeit, Kinder ohne Masken in die Schule zu schicken. Was mich dabei entsetzt: Mir wurden Geschichtsvergleiche untersagt, während eben jene, die mir den Mund verbieten, Wörter verwenden, die für die schlimmsten Menschheitsverbrechen stehen, die unsere deutsche Geschichte kennt.

Seltene Momente: respektvolle Kontroversen

Monate später, es muss im Juni 2021 gewesen sein, hatte ich ein Gespräch mit der kommissarisch eingesetzten Übergangsrektorin. Sie bewunderte mein Engagement, es sei wichtig, dass Menschen wachsam seien. Aber sie erkenne noch nicht, dass wir als Gesellschaft in eine problematische Schieflage geraten seien. Darum könne sie mir leider nicht zustimmen. Immerhin mal ein respektvolles Gespräch. Die amtierende Vize-Rektorin war ebenfalls anwesend, sagte aber nicht viel. Die Kollegin, welche die Schulleitung kommissarisch übernommen hatte, wurde nach den Sommerferien wieder abberufen, die Vize-Rektorin übernahm.

Dienstbeflissene Drohgebärden ohne Substanz

Die neue Rektorin informierte uns Mitte Februar: Die Testung der Grundschüler muss ab sofort in der Schule erfolgen. Eltern sollten dazu eine Einverständnis-Erklärung unterschreiben, die eine Haftungsübernahme enthält. Auch hier sei festgehalten: Diese Maßnahme war und ist nicht vorgeschrieben, die Rektorin ist zur Durchführung nicht verpflichtet. Wir weigerten uns und unterschrieben das zuhause ermittelte negative Testergebnis morgens weiterhin selbst – so, wie es bisher auch gehandhabt wurde. Direkt am ersten Tag dann der Anruf aus dem Rektorat: Meine Töchter säßen separat im Gruppenraum. Einzeln, jede bei ihrer Klasse. Ich solle sie abholen, sonst müsse sie Jugendamt und Ordnungsamt informieren. Ich fragte: „Meine Töchter sind genesen, wen sollen sie denn mit was genau anstecken?“ Das Gespräch ging eine Weile hin und her, wobei die Antworten der Schulleitung immer wieder mit dem Verweis auf Jugend- und Ordnungsamt endeten. Nach einer halben Stunde gab sie auf, die Kinder durften für diesen einen Tag zurück in ihre Klassen. Inzwischen gehen meine Töchter mit Nachweisen vom Testcenter in die Schule.

Die Kinder wachsen mit den Aufgaben dieser Zeit

Der Deutsche braucht irgendeinen Zettel…. Doch eines Tages weigerte sich meine 9-jährige Tochter, eben diesen Zettel abzugeben. Wieder Anruf und Drohung mit Einbindung der Ämter. Ich rief selbst beim Jugendamt an und bekam eher Zustimmung. Das Ergebnis: Auch dieses Mal holte ich meine Tochter nicht aus der Schule ab, sie blieb bis zum Ende und lief heim. Ich bin stolz auf sie und weiß doch gleichzeitig um die Tränen, die sie manchmal verdrückt. Doch wir sehen auch, wie die Kinder in dieser Zeit wachsen; sie erkennen Ungerechtigkeiten sofort und kritisieren auch den eigenen Vater. Zum Bespiel dann, wenn er sich mit seiner Autorität verrannt hat und versucht sinnlose Dinge durchzusetzen. Wenn im Radio die neuesten Maßnahmen verkündet werden, zerpflücken die Kinder das gleich und zeigen die Unlogik auf. Manchmal kringeln sie sich vor Lachen, weil es schlicht absurd ist. Es ist eine schwere Zeit als Familie, aber in vielerlei Hinsicht ebenso bereichernd. Wir haben sie uns nicht ausgewählt. Aber es ist die Zeit, in der wir leben müssen. Und wir machen das Beste draus. Wir lassen uns von ein paar machthabenden Deppen, die nicht nur Angst um ihre Karriere, sondern auch vor Strafverfolgung haben, nicht die gute Laune verderben.

Die eigene Freiheit leben

Wir können nicht immer und überall Widerstand leisten. Aber wir können oft, mit wenig Aufwand, unsere eigene Freiheit leben und Spielräume öffnen. Das soll und muss nicht aggressiv sein. Wir können ganz einfach vorsichtig Fragen stellen, Lehrer um Verständnis bitten, Bedenken anmelden. Jede Form des „Nicht-vorne-mitlaufens“ ist wichtig und verlangsamt die Umsetzung von härteren Maßnahmen. Die Maske ist dabei das allseits sichtbare Zeichen der Unterwerfung. Ich trage sie nur, wenn es wirklich nicht anders geht. Seid mutig, bleibt frei, holt euch Hilfe, holt euch Trost. Und geht euren Weg.

 

Bildquelle: Adobe Stock / paulaphoto

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